Kritik | BVG-Musical "Tarifzone Liebe" - Eine Tram zum Verlieben

Di. 05.12.23 | 07:49 Uhr | Von Alexander Soyez
Jeannine Wacker als Tramara und Nico Went als U-Laf proben am 01.12.2023 das BVG-Musical "Tarifzone Liebe" in den Havelstudios. (Quelle: dpa-Bildfunk/Fabian Sommer)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.12.2023 | Alexander Soyez | Bild: dpa-Bildfunk/Fabian Sommer

Ein Musical von der BVG über die BVG? Mit "Tarifzone Liebe" hat sich die Marketingabteilung einen neuen Coup ausgedacht und bringt eine musikalische Nahverkehrs-Liebesgeschichte auf die große Bühne. Alexander Soyez war im Admiralspalast dabei.

Es geht nicht nur ums "Losfahren und Ankommen" wie im Auftaktsong von "Tarifzone Liebe - Die Gefühle fahren Straßenbahn", sondern darum, dass eben auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Gefühle haben. Genau das ist letztlich der Tenor der einstündigen Musicalshow, in der sich Jeannine Wacker in gelber Trauerkleidung und mit blinkenden Scheinwerfen als Tramara in einen ihrer Kunden verliebt.

So macht sich die beherzte junge Tram auf die Suche nach ihrem Geliebten, wird dafür aufs Abstellgleis geschoben, macht sich schließlich aus dem Staub und sorgt dafür, dass gar nichts mehr geht, außer ein trauriger Song: "Die Tram, sie fährt heute nicht mehr, noch nicht einmal Ersatzverkehr ..."

Eine verliebte Tram als Anwältin des Nahverkehrs

Dass ein BVG-Musical eine auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnliche Idee ist, darüber macht man sich nicht nur im Musical selbst manchmal lustig, sondern das gibt auch die BVG-Marketingchefin Christine Wolburg zu, als sie das Premierenpublikum begrüßt: "Ein Musical mit neun Originalsongs mit Bühnenbild, Kostümen und allem drum gehört schließlich nicht zum Tagesgeschäft des öffentlichen Nahverkehrs."

Aus der Idee ist ein gesungenes und getanztes Plädoyer für mehr Verständnis untereinander geworden, für Respekt im Miteinander der Großstadt und dafür, den A- nach B-Transport von Millionen Menschen nicht nur als Selbstverständlichkeit zu sehen, sondern als etwas Wertvolles. Lustvoll und augenzwinkernd macht sich die BVG mit dieser Tram-Lovestory immer wieder auch über sich selbst lustig und wächst einem dabei genauso ans Herz wie Tramara.

Ein bisschen Liebe hat noch niemandem geschadet

Busse und Bahnen werden sicher nicht leerer, schöner oder kommen pünktlicher, nur weil die BVG sagt, dass sie uns liebt oder ein amüsantes Musical auf die Bühne bringt, aber sie fühlt sich sofort etwas besser an. Die Selbstironie, die ehrliche, originelle Kraft der preisgekrönten "Weil wir dich lieben"-Kampagne, die seit 2015 das Image der Berliner Verkehrsbetriebe auffrischt, sorgt nun auch mit "Tarifzone Liebe" für einen warmherzigeren Blick auf die BVG.

Dass hier auch Öffentlichkeitsarbeit und Kundenbindung eine Rolle spielen, merkt man zwar, aber das bunte, unverfroren romantische und genussvoll kitschige Musical ist mehr als nur ein netter Werbegag und steht auch für sich. Die Story ist in sich schlüssig erzählt, das Bühnenbild gelungen und die Songtexte und Melodien gehen sofort ins Ohr.

Dazu gibt es Wortwitz und viel Gefühl. Bei der Premiere von "Tarifzone Liebe" jedenfalls war die Begeisterung groß, es gab Standing Ovations und vielleicht überlegt es sich die BVG ja noch mal, es nicht nur bei den zwei Vorführungen im Admiralspalast zu belassen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.12.2023, 6:55 Uhr

Einen Mitschnitt der Premiere gibt es auch online zu hören und sehen [youtube.com/@weilwirdichlieben].

Beitrag von Alexander Soyez

Nächster Artikel