rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt - 12. Tür: Eine militärische Fledermausgeschichte mit Soundtrack

Di. 12.12.23 | 06:00 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
Adventskalender Tür 12: Fort Hahneberg (Quelle: rbb/M. Behrendt)
Bild: rbb/M. Behrendt

Diesmal: besonders umkämpft. Schießscharten, Bunker und Einschüsse - Berlin zeugt noch immer von vergangenen Kriegen. Ein solches Militärobjekt wurde erst vor wenigen Jahren erobert. Millionen konnten das später verfolgen. Nach zweieinhalb Stunden war es vorbei.

24 Geschichten mit Höhen und Tiefen aus Berlin und Brandenburg. Was ist besonders hoch oder tief, ist nur besonders speziell zu erreichen oder irgendwie anders besonders. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

Wie bleiben Orte in der Erinnerung? Wenn sie nie richtig wichtig waren, und wenn sie später sogar noch richtig unwichtig wurden, können sie vergessen werden. Eigentlich. Tun sie aber nicht. "Entdeckungen" nennt sie der Eventtourismus. Hinter diesem Kalendertürchen verbirgt sich eine Entdeckung. Eine militärische. Der Weihnachtsmann knallt die Hacken zusammen und schultert seinen Rucksack mit dem letzten bisschen Strippe, das er auftreiben kann. Er ist auch scharf auf Entdeckungen und ruft: "Jawoll."

Illustrator Embe - Marcus Behrendt (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", bekannt auch als Marcus Behrendt, hat für den Adventskalender eine neue Farbe erfunden: das röteste Weihnachtsrot außerhalb von Vatikanstadt. Er ist auch Pädagoge und zeichnet schneller als ein Weihnachtsschlitten im Sturzflug. Stets mit den besten Utensilien ausgestattet, kritzelt er sich durch alle Medien. In der Weihnachtszeit liest er gerne einen guten Comic und genießt die schärfsten Soßen der Welt.

Redakteur Stefan Ruwoldt (rbb/M. Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt hat diesen Weihnachtskalender auf dem Kopf stehend mit nur einer Hand geschrieben, und das Ganze an nur einem einzigen Tag und mit einer Feder, die Friedrich der Große einst aus Frankreich importiert hatte und dann in Pankow irgendwie vergaß. Rekord. Natürlich. Nach dem 24sten aber sitzt dieser Redakteur wieder an einem ganz normalen Schreibtisch und freut sich auf seine Feierabende ohne Bestwerte.

Der letzte Schuss

So richtig passen tun Militärthemen Weihnachten nicht. Darum sei gleich zu Beginn der ornithologische, biologische, historische und touristische Wert dieser Tür betont: Der letzte Schuss fiel hier vor vielen Jahrzehnten: Wir sind in Fort Hahneberg, Berlins einzigem Fort.

Bekannter als dieses preußische Fort in Staaken ist der Berg dahinter, der neue Hahneberg. Er ist steil, ragt mehr als 80 Meter hoch und ist eine Rodelsensation für Draufgängerinnen und Draufgänger. Historisch ist an ihm nichts, denn er wurde nur aus Abraum und Geröll aufgeschüttet. Der richtige und eigentliche Hahneberg aber kam zu Ehren, als Berlin sich vorbereiten wollte, nicht noch einmal wie einst von Napoleon eingenommen zu werden.

Geplant zu Beginn der 1870er Jahre, brauchte es fast 30 Jahre, bis dieses Fort fertig war. Im Augenblick seiner Fertigstellung aber war die Anlage militärisch fast nutzlos. Die Idee solcher Mitte des 19. Jahrhunderts konzipierten Forts war es, Angreifer mit einer schwer einnehmbaren Anlage auf Distanz zu einer Stadt zu halten und so zu verhindern, dass die Stadt beschossen wurde. Doch schon zum Ende des 19. Jahrhunderts waren einfache Erdwälle und gemauerte Forts für die militärische Abwehr fast bedeutungslos, weil sie da bereits recht leicht zerstört werden konnten mit Granaten und Munition mit neuartigen Sprengstoffen. Aber der Bau des Forts war weit fortgeschritten und wurde also beendet.

Ein Objekt echter Abrüstung

Militärisch spielte das Fort dann aber kaum noch eine Rolle. Hier wurde ausgebildet und gelagert. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es durch Sprengungen zerstört und als wilder Steinbruch für zivile Reparaturen in Berlin genutzt. Der Kalte Krieg, die Mauer und die Teilung erst machten es zu einem Objekt der echten Demilitarisierung: Es setzte Gras an, wucherte zu und wurde erobert von Vögeln, Insekten und anderen Tieren. Nach der Wende rüstete hier niemand mehr auf. Ornithologen und Umweltschützer führen durch Gassen, Gänge und Katakomben.

Eine Art medialen Abrüstungsstempel bekam das Fort Hahneberg von Quentin Tarantino. Er drehte einige Szenen seines antifaktischen Weltkriegsfilms "Inglourious Basterds" hier, ein Werk voller Andeutungen und Ermutigungen, die Geschichte zu lesen und zumindest erzählerisch zu ändern. Die Basterds erobern das Ford der Nazis. Und die Natur nun dreht hier weiter. Die Fledermaus übernimmt.

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Beitrag von Stefan Ruwoldt

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