Bundestraße 167 - 250 Jahre alte Alleebäume bei Seelow sollen wegen Straßenverbreiterung gefällt werden

Fr. 15.12.23 | 18:38 Uhr
Stieleichen an einer Allee bei Seelow. Bild: rbb
Audio: Antenne Brandenburg | 15.12.2023 | Fred Pilarski | Bild: rbb

Sie sind 250 Jahre alt und könnten vermutlich noch weitere 750 Jahre leben - wäre da nicht die Bundesstraße. Bei Seelow sollen Stieleichen gefällt werden, um die B167 zu verbreitern. Der Bürgermeister und Anwohner sind dagegen.

Jahrhundertalte Bäume sollen entlang der Bundestraße 167 zwischen Seelow und Gusow (Märkisch-Oderland) gefällt werden. Betroffen sind 75 Bäume an der Straße, davon 18 Alleebäume. Dabei geht es um 250 Jahre alte Stieleichen, sagte Wolfgang Kadler, Orstvorsteher von Wernig, einem Orsteil von Seelow, dem rbb. Die sei "eine Maßnahme, die wir nicht nachvollziehen können", sagte Kadler.

Die Alleebäume haben vieles überstanden: Von der Trockenlegung des Oderbruchs bis zur Schlacht um die Seelower Höhen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Jetzt aber sollen sie fallen wegen eines Unfallschwerpunkts an einer Doppelkurve der B167 zwischen Seelow und Gusow.

"Wer lebt länger, die Autos oder die Bäume?"

Die Straße soll nun zehn Zentimeter breiter, die Kurvenneigung sanfter werden, sagte Steffen Streu, Sprecher des Landesbetriebes Straßenbau, dem rbb: "Die Straße hat nicht die Breite, die heutzutage für Bundestraßen üblich ist. Das muss hergestellt werden", so der Sprecher. Aus seiner Sicht gebe es keine andere Möglichkeit als die Baumfällungen.

Einige Anwohner sind trotzdem gegen die Maßnahme. "Heute noch von Straßenbau zu reden, egal aus welchem Grund, halte ich für anachronistisch", sagte Arne Wensch dem rbb. "Die Alleen bestehen seit 250 Jahren. Autos werden 20 Jahre, ich bin 80. Wer lebt länger, die Autos oder die Bäume?", ergäntzte die Anwohnerin Edelgard Niegut.

Anwohner protestieren neben Stieleichen an einer Allee bei Seelow. Bild: rbbAnwohner protestieren neben Stieleichen an einer Allee bei Seelow. Bild: rbb

Stieleichen können bis 1.000 Jahre alt werden

Stieleichen, auch deutsche Eichen genannt, können nach Angaben der Stiftung "Unternehmen Wald" bis 1.000 Jahre alt werden. Sie können 40 Meter hoch werden, ihr Stamm kann ein Durchmesser von 2,50 Meter erreichen.

Dass die Straßenbäume vielleicht schon ihre Altersgrenze erreicht haben oder krank sind, das bezweifelt Björn Ellner, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu): "Man sieht keine Faulstellen, keine Astabbrüche." Die Bäume würden einen sehr vitalen Eindruck machen, so Ellner. Von den Bäumen gehe keine Gefahr aus, die eine Fällung notwendig machen könnte. "Hier geht es ja auch nicht um die Baumgesundheit, sondern um eine straßenbauliche Maßnahme."

Stieleichen an einer Allee bei Seelow. Bild: rbb

Laut Bürgermeister gibt es nicht so viele Unfälle in der Kurve

Der Seelower Bürgermeister, Robert Nitz (parteilos) zweifelt an, dass die Kurve ein Unfallschwerpunkt sei. Die Unfallstatistik, die ihm vorliege, beziehe sich auf die komplette Strecke zwischen Seelow und Gusow – und nicht nur auf die Kurve. "Und da sind die Zahlen durchaus überschaubar", so Nitz.

Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben des Statistikamtes Berlin-Brandenburg zwei Verkehrsunfälle auf dieser Kurve. Bei einem Unfall wurde mindestens eine Person schwer verletzt, bei dem anderen wurde eine Person leicht verletzt. Das sind die gleichen Zahlen wie im Jahr 2021.

Noch ist es nicht endgültig entschieden, ob die Bäume gefällt werden. Das vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen, heißt es aus dem Landesstraßenbetrieb. Der Bürgermeister von Seelow würde stattdessen lieber das Tempolimit von 70 auf 50 km/h senken. Das sei preiswerter als ein kostspieliges Kurvendesign ohne Bäume.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.12.2023, 15:40 Uhr

Mit Material von Fred Pilarski

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